Donnerstag, 18. Oktober 2012

Nur kein Stress: der Wasgau Bikemarathon

Ich hatte es ja versprochen und was versprochen ist wird auch nicht gebrochen – hier kommt alles zum Wochenende in der Pfalz. Eins vorweg: gekotzt wurde nicht beim Wasgau Bikemarathon. Obwohl es tatsächlich einen Streckenposten gab, der die Iso-Zufuhr per Bier sicherstellen wollte. Mit Umdrehungen, wie er uns in tiefstem Pfälzisch fröhlich verkündete. Leider hatten wir es eilig und mussten passen. Doch zurück auf Anfang. Anreise Freitag. Irgendwann gegen 11.00 Uhr trudle ich in Pirmasens ein. Es regnet, der Himmel ist so duster wie die Stadt. Überall leere Geschäfte, bröckelnder Putz. Dafür scheinen sie irgendwann in den 70igern mal das komplette Stadtbudget in Straßen investiert zu haben, die sinnlos im Kreis führen - das Hotel finde ich erst nachdem ich ungefähr 5 mal kreuz und quer durch die Stadt geleitet werde. Ich stolpere in die Lobby und werde von einem Pudel angekläfft. GDPF* denke ich sofort, da steht auch schon die Hotelchefin vor mir. "Haben Sie reserviert?" Natürlich sagt sie es nicht so, wie ich es schreibe, sondern so, wie man in der Pfalz eben spricht. Also antworte ich so wie jeder antworten würde, der nicht hinter den sieben Bergen aufgewachsen ist: "Hä?". Im zweiten Anlauf verstehen wir uns prächtig und ich bestätige, das vorgebucht ist. Auf einen Herrn Ikosa. Sie schaut tatsächlich im Gästebuch nach, ich weiß aber schon: es wird vergeblich sein. Weil kein normaler Mensch auf die Idee käme Hotelzimmer unter einem Foren-Pseudonym zu buchen. Andererseits – es ist Ikosa ... Doch schon kommt die Ansage: "Hammer net". Und jetzt? Prompt bekomme ich die komplette Gästeliste vorgelesen und erfahre: Hanka Kupfernagel, Jens Heppner und Mike Kluge sind auch hier. Datenschutz? Ole. Dann endlich noch ein Name, der mir bekannt vorkommt - nach heftigem Kopfanstrengen bin ich mir sicher: er ist es, das Zimmer ist mein. Tasche rein und zurück zum Auto - bevor die anderen anreisen, will ich noch eine schnelle Runde drehen. Start: in Rodalben. Wieder kurve ich durch Pirmasens, finde diesmal direkt den richtigen Weg, packe mein Bike aus, schalte das GPS ein, wähle den Felsenweg aus und radle los. Wow. Hammer-Trail durch eine Hammer-Gegend. Der Trail windet sich durch eine skurrile Felsenlandschaft, führt in Höhlen und über kleine Bäche. Leider dank des Regens etwas nass und rutschig, man muss aufpassen. Stellenweise ist der Trail eng, schon nach wenigen Metern macht mein Knie Bekanntschaft mit einem schönen Stein, der sich mir garstig in den Weg stellt. Autsch. Weiter. rauf und runter, immer flowig, kaum verblockte Stellen, ab und an mal ein paar Wurzeln. Yeah. Eine Stunde lang. Dann: Krrraaack. Abrupter Stoppie. Die Kette klemmt zwischen Kassette und Speichen. Ich ziehe und zerre, fluche. Vergebens. Dann ein Biker. Ein Eingeborener, der in einem seltsamen Singsang auf mich einredet. Offensichtlich eine weitere Variation der lokalen Mundart. In regelmäßigen Abständen nicke ich freundlich, ich versteh "Steckachse", nicke noch etwa 10 Minuten lang, dann ist es geschafft. "Dschüsch mischt ö" ? Blick auf den Tacho. Noch 22 Kilometer. Blick auf die Uhr. Das wird zu spät, ich muss abkürzen. GPS-Check und los, kurz später bin ich am Auto. Pirmasens, drei Extra-Runden, Hotel. JB ist schon da, Ikosa und Stopel sind im Anflug. Perfekt. 2 Stunden später: Restaurant, Abendessen, Quatschen. Dazu geben wir es uns mal so richtig: Drei alkoholfreie Weizenbier. Für jeden. Den angebotenen Verdauungsschnaps lehnen wir dankend ab - man muss es ja nicht gleich übertreiben.





Der nächste Morgen. Kein Regen. Aber kalt. Frühstück. Abfahrt nach Lemberg, dem Startort des Wasgau Bikemarathons. Bikes ausladen, Räder montieren, Warmfahren. Warmfahren? Quatsch. Ist ja gar kein richtiger Marathon. Ist ja nur eine ausgeschilderte Tour. Was tun bis zum Start? Warten wir halt auf Ikosa. Der hat natürlich seine Handschuhe vergessen, musste zurück. Tvaellen könnten wir auch langsam mal anrufen, der wollte uns doch treffen. Steht schon im Startbereich. Gut. Und nun? Spielen wir noch ein bisschen an der Schaltung von JBs Bike rum. Oh, Umwerfer kaputt. Sagt zumindest der Maschi(e)nenbauer in der Truppe. Ist er auch wirklich - ein Flügel des Leitbleches ist gebrochen. Aber kurz später geht der Wechsel vom mittleren aufs große Kettenblatt trotzdem wieder. Schwein gehabt. Dann taucht Ikosa wieder auf, gemeinsam rollen wir zum Start und beschließen zu warten, bis alle durch sind, um dann locker hinterher zu cruisen. Was tun bis alle durch sind? Pumpen wir doch noch mal den Reifen auf. Pfffffft. Ventileinsatz weg. Aber echt erstaunlich - so ein Nicolai sieht auch platt noch ganz gut aus. Jedenfalls besser als Ikosa, der auf allen Vieren nach dem Mini-Teilchen sucht. Umsonst. Peng. Startschuss. Wir sind gerade bei den Versuchen drei oder vier den Reifen mit Luft zu befüllen. Egal, wir wollten ja sowieso hinterher fahren. Versuch fünf und sechs - Pfffffft. Allerdings ist der Schuldige entlarvt: die blöde Pumpe lässt sich nicht vom Ventil schrauben, ohne den Einsatz mit raus zu drehen. Also ab zur Servicestation und siehe da: eine richtige Pumpe macht auch richtig viel Luft, es kann losgehen. Wo ist Tvaellen? Warmfahren. Streber. Was tun wir? Egal - bloß nix mehr anfassen. Fünf Minuten später sind wir komplett. Los. Nach ein paar hundert Metern geht es in den Wald, wir haben das Ende des Feldes erreicht. Nach weiteren hundert Metern: Streckenteilung. Alle fahren rechts, nur einer bleibt auf der Strecke. Tvaellen fährt geradeaus. Bis wir es bemerken, ist es zu spät. Aber wir sind uns sicher: Der wusste genau, was ihn mit uns erwarten würde und hat die Gelegenheit, uns abzuhängen eiskalt genutzt. Nur Stopel bleibt hartnäckig dabei: der hing am Hinterrad von Hanka und wollte es unbedingt halten. Abwegige Theorie, schließlich trug sie Bikedress und nicht Lack & Leder wie im Cyclepassion-Kalender. Außerdem haben die bestimmt mit Photoshop an den Bildern gefummelt - aber egal, lassen wir das. Zurück auf die Strecke. Die sich mehr und mehr als das Beste entpuppt, was ich je bei einer offiziellen Veranstaltung gefahren bin. Ein Flowtrail reiht sich an den nächsten, es gibt schnelle Abschnitte, technische Stücke und immer wieder auch tolle Landschaftseindrücke. Die Trails winden sich um rote Felsen, eng durch lichten Lärchenwald, dann verwurzelt zwischen Kastanien durch. Geil. Plötzlich ein Brüller. JB. Hörte sich jetzt nicht unbedingt nach Freudenschrei an. Besser mal anhalten. Nachschauen. Wo ist er denn? In den Wald abgebogen und abgestiegen. Unfreiwillig. "Verletzt?" "Nö." "Am Bike was dran?" "Alles ok.". "Gut." "Aber die Assos" "Was ist mit der Assos?" Er dreht sich um, und ich schaue den Arsch voll an. Also echt den Arsch und nicht den Arsch. Die Hose hat es zerrissen. Komplett. Lachanfall. Zum Glück nimmt es auch JB sportlich. Und auch zum Glück habe ich eine Baggy an und noch mehr zum Glück: wider Erwarten passt sie ihm. Nacktradeln fällt also aus. Weiter. Mit Tempo. Denn habe ich zwar bisher noch nichts von geschrieben aber: wir sind ganz hinten. Also letzter. War ich noch nie, wäre aber eigentlich gar nicht schlimm. Wenn nicht mittlerweile schon die Aufräumkommandos unterwegs wären, um die Streckenmarkierungen zu entfernen. Einmal sind wir dem vorzeitigen Aus schon knapp und nur dank der Nachsicht eines Streckenpostens entgangen. Mittlerweile wird es aber noch knapper, denn wir orientieren uns seit Kilometern nur noch an den Spuren der über 2000 Biker vor uns. Wir geben jetzt – was sein muss, muss sein - ordentlich Gas, holen den Besenwagen-Motoradfahrer ein, dann werden wir auch die rote Laterne los und können es wieder entspannter angehen lassen. Wir sind zurück im Rennen, das eigentlich keins ist. Es folgen: weitere Hammer-Trails, ein paar Treppen, ein Ausflug in die Heide, Felsen, wieder Felsen und noch mal Felsen, dann die letzte Verpflegungsstelle vor dem Ziel. Die mit dem echten Bier. Echtes Bier? Das würde uns bestimmt umbringen. Ab ins Ziel also. Kurze Versammlung aller Helden, Verabschiedung Stopel, Duschen im Hotel, Abendessen. Große Portionen. Viel Quatschen, noch ein Eis, Quatschen und schließlich noch ein Betthupferl-Bier. Ohne. Versteht sich.




*GDPF: nicht übersetz- oder erklärbar und nur für langjährige Leser des KTWR auf MTB-News verständlich

2 Kommentare:

stephanie hat gesagt…

irgendwie doch schade, dass ich nicht dabei war.

Jörg alias Bergfahrer: hat gesagt…

Finde ich auch. Hoffentlich schaffst du es beim nächsten mal.