Dienstag, 25. Juni 2013

Das geht unter die Haut: der UltraBike Kirchzarten 2013.

Autsch. Hart schlage ich auf einem der wenigen wirklich steinigen Strecken-Abschnitte auf, rutsche ein paar Meter durch die Botanik und ehe ich mich sammeln kann, ist die Gruppe, in der ich mich eben noch befand hinter der nächsten Ecke verschwunden. Mit ihr die Frau, die mich gerade unsanft vom Rad geschossen hat, als sie die Kontrolle über ihr eigenes verlor. Zu ihrem Glück gab ihr mein Hinterrad Halt. Zu meinem Pech mir dann aber keinen mehr. Abflug, mein linkes Bein ist vom Unterschenkel bis zum Popo tief aufgeschürft, auch die Schulter ist lädiert. Frauen am Steuer? Nicht nur im Straßenverkehr vielleicht also nicht eine ganz so gute Idee. Chauvi-Arsch höre ich es aus der Alice Schwarzer-Ecke rumoren, doch Stop – ich kann das Ganze natürlich empirisch mit absolut unbestechlichen Daten belegen: Anzahl der Rennen, bei denen ich von Männern vom Rad geschossen wurde: 0 Anzahl der Rennen, bei der ich von Frauen vom Rad geschossen wurde: 1 Verhältnis Männer zu Frauen bei den Teilnehmern: 100 zu 1. Mindestens. Noch Fragen? Zurück zum Rennen. Also, Gruppe war weg, dafür war der Gegenwind plötzlich da. Logisch, ich hatte ja auch kein Hinterrad mehr, um mich zu verstecken. Schade, denn bis hierhin lief es für mich überraschend gut. Ein perfekter Start, ein starker erster Berg, an dem ich locker sehr weit vorne mitfahren konnte und eine perfekte Gruppe für die langen Drückerpassagen danach – super. Alleine im Wind wurde das Rennen jetzt aber sehr schnell merklich zäher und so langsam bekam ich auch die dank des Heuschnupfens mangelhafte Vorbereitung und vor allem auch die fehlende Rennhärte zu spüren. Den Anschluss nach vorne zu finden, konnte ich vergessen, also hieß es Warten. Und ich wartete lange. Nach einer gefühlten Ewigkeit dann endlich eine neue Gruppe mit der ich mitgehen konnte. Erholen. Hinten rein hängen. Abwarten. Klappt gut, die Kräfte kehren zurück. Schluck aus der Pulle, rein in die Verpflegung, Nachschub fassen. Die ganze Gruppe erwischt eine Flasche, ich rolle auf eins der kleinen Kinder zu, die die Verpflegung hier übernehmen und was macht der Lümmel: er zieht die Flasche weg, nimmt Reißaus und schaut mich aus sicherem Abstand mit großen Augen an. Ich bitte und bettele, keine Chance, erst seine Mutter oder Tante oder viel wahrscheinlicher – Betreuerin aus dem Heim für Schwererziehbare - kann ihn davon überzeugen, dass ich kein kinderfressender Waldschrat bin. Ich habe endlich meine Flasche, Gruppe habe ich keine mehr. Mit leisen Flüchen (vor Kinder auf keinen Fall Schimpfwörter, das haben mir diverse Mütter erklärt und ich will ja auch keine bleibenden seelischen Schäden hinterlassen) rausche ich von dannen. Und fast direkt rein in die Alpe de Fidlebrugg. Stimmung hier: wie immer geil. Die Zuschauer brüllen, toben, feuern an, was das Zeug hält. Alleine dieses kurze Erlebnis würde den Fortbestand des Rennens voll und ganz rechtfertigen, aber leider sind wohl nicht alle in der Gegend so MTB-freundlich gestimmt, wie die Zuschauer am Streckenrand. Ich genieße die Stimmung, und versuche mich für die letzten Kilometer noch ein letztes Mal zu pushen. Alleine, der Drops ist gelutscht, ich habe keine Körner mehr übrig. Habe ich schon erwähnt, wie beschissen ich die Kilometerangaben am Streckenrand finde? Ich rette mich über die letzten Hügel, lasse es in der Wiesenabfahrt noch mal so gut krachen wie es mir angesichts der vielen fahrtechnisch nicht so bewanderten Teilnehmer möglich ist und rolle als 34 der Altersklasse mit einer Zeit ins Ziel, die unter den gegebenen Umständen gerade noch so zufriedenstellend ist. Aber egal, Zeiten und Platzierungen sind das eine – viel wichtiger ist: Swantje begrüßen, eine Rotwurst vom Grill mampfen und die Stimmung im Ziel genießen. Danach quatschen mit guten Bekannten und Freunden, noch eine Bratwurst, ein kurzer Besuch bei den Sanitätern, um meine Wunden zu versorgen, dann ist es wie immer viel zu schnell vorbei: Abfahrt nach Hause. Hoffentlich bis zum nächsten Jahr.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Klasse, dein Bericht! Musste grinsen. Was mir immer an deinen Bildern auffällt: du lächelst nie. Warum eigentlich? Das Radfahren macht dir doch hoffentlich Spaß, oder? Auch, wenn Frauen, Strecke, Wetter, Verkehr, Kinder manchmal böse zu dir sind...

Grüße aus Berlin,
Rüdiger

Anonym hat gesagt…

Hallo Jörg, fand wie immer deinen Bericht supper.
Du solltest deine Berichte einfach mal zusammen fassen zu einem Buch.
Ich hätte dich gerne als Betreuer begleitet.
Gruß P.

Jörg alias Bergfahrer: hat gesagt…

Hi Rüdiger,

es geht nicht um Spaß, Rennen sind blutiger Ernst, Kampf mit dem Messer zwischen den Zähnen und 100prozentige Konzentration. Nein Quatsch - Spaß. Und ich lächler gerade - auch wenn du es nicht siehst.

:)