Montag, 5. Mai 2014

Läuft: Saisonstart beim Riva del Garda Bike-Marathon.

Pffft“. Das Geräusch kenne ich: Luft, die aus einem Reifen zischt. Manchmal hat man Glück und es erwischt den Gegner. Diesmal aber erwischt es mich selbst. Mein Hinterrad ist mindestens so platt wie die abgedroschenen Altherren-Witzchen eines ehemaligen FDP-Spitzenpolitikers. Die Dichtmilch? Dichtet nicht, der Riss ist einfach zu groß. Also Schlauch rein. Doch erst mal muss der verdammte Reifen von der Felge. Ich breche mir fast die Finger, aber das Ding will nicht runter. Mit zwei Reifenhebern, brachialer Gewalt und der Hilfe eines Betreuers vom Team Cicli Pederzolli schaffe ich es schließlich – und stehe vor dem nächsten Problem: auch das verdammte Tubeless-Ventil ziert sich. Wir probieren es mit allen Tricks – keine Chance. Nach gut 20 Minuten geben wir auf, ich schultere das Bike und trabe los. Knappe drei Kilometer später erreiche ich die Verpflegung, finde eine Zange und das Ventil ist Geschichte. Neuen Schlauch rein. CO2-Kartusche aufdrehen und „Pffft“: Den Schlauch aus meiner Satteltasche entpuppt sich als unnötig mitgeschlepptes Zusatzgewicht. Das Ventil ist nicht komplett einvulkanisiert, fröhlich pfeift die Luft aus dem Loch. Zum Glück bin ich nicht allein – der nette Helfer von eben ist mittlerweile auch vor Ort und überlässt mir einen Schlauch. Reifen runter, Schlauch rein, Reifen drauf – die Luft hält. Allerdings: der Mantel ist ziemlich hin, mal sehen, wie lange das gut geht. Es geht gut bis kurz nach San Giovanni. Kaum biege ich aus dem letzten Trail-Anstieg auf die lange Downhill-Schotterpassage ein, hat auch Schlauch Nummer zwei sein Leben ausgehaucht. Laufen also. Langsam habe ich Übung und das Pedal haut mir nur noch bei jedem zweiten Schritt in die Wade, echt prima. Dann löst endlich Asphalt Schotter ab, ab sofort wird gerollt. Zwei Kehren rollen, dann kommt mir ein Tourenbiker-Pärchen entgegen. Sie bieten mir so freundlich ihre Hilfe an, dass ich sie nicht ablehnen kann. Der nächste Schlauch wird montiert – und der nächste Schlauch löst sich nur ein paar Meter später in Luft auf. Das Angebot des Mannes auch noch den Ersatzschlauch seiner Partnerin dem Bike-Gott zu opfern, schlage ich aus – ist eh sinnlos. Und was soll’s – rollen ist ja auch fahren. Irgendwie. Der schlaffe Mantel schlackert auf der Felge hin und her, aber solange ich nicht schneller werde als 10 bis 15 km/h geht es und die Gefahr, die teure Felge zu zerstören, hält sich in Grenzen. Das neue Ziel: der nächste Kontrollpunkt. Dort plane ich, mich in den nächstbesten Besenwagen zu verkrümmeln. Der Kontrollpunkt kommt, Besenwagen kommt aber sicher keiner. Sagt zumindest der dort abgestellte Helfer. Noch gut 15 Kilometer bis ins richtige Ziel. Abholen lassen? Nur: wohin soll ich Swantje dirigieren? Und wie lang dauert das? Fluchend rolle ich weiter. Der nächste Trail, ich laufe. Asphalt. Ich rolle. Varignano. Ab hier nur noch Asphalt. Nur noch rollen. Der letzte, wirklich leichte Gegenanstieg und ich überhole sogar ein paar der Teilnehmer, die eben noch mit 70km/h an mir vorbeigedonnert sind. Luschen. 40 Minuten später rolle ich in Riva ein –  im Renntempo und einer guten Gruppe schafft man das auch mal in guten zehn. Ganz kurz überlege ich, die Zeitnahme zu verweigern und vor der Matte abzubiegen, aber dann pfeife ich auf den verletzten Stolz und rolle auch noch die letzten Meter ins Ziel. Nicht als letzter und mit einer kombinierten Fahr- und Laufzeit, die immer noch locker für eine Platzierung im vorderen Mittelfeld gereicht hätte. Lehre daraus? Keine Schwalbe-Reifen mehr und das Lauftraining wieder aufnehmen natürlich ...



7 Kommentare:

Rüdiger hat gesagt…

Ein Wahnsinn. Dabei soll so ein Wochenende doch zur Entspannung da sein...

Jörg alias Bergfahrer: hat gesagt…

Och, ich kann eigentlich ganz entspannt im Ziel an. Und beim Eis danach, war eh alles wieder total gut ;)

Unknown hat gesagt…

Ich habe die Ronda Grande geschafft. War toll. Auch mit Schwalbe Reifen. :-)
Nur die Anfahrt nach Riva und vor allem die Rückfahrt, direkt nach dem Rennen war der echte Marathon...12 Stunden Autofahrt pro Strecke!!!
Aber ich komme dennoch wieder.
Tschüß

Jörg alias Bergfahrer: hat gesagt…

Glückwunsch. Wie lang warst du unterwegs? Ich hoffe doch kürzer, als bei An- und Rückreise. Selbst habe ich 7h hin und 8h zurück gebraucht - bin aber auch Nachts hin bzw erst am späten Abend zurück gefahren.

Unknown hat gesagt…

Ich war auf der Ronda Grande 5:13h unterwegs und hoffe in Willingen auf der "Ronda" Medium :-) auch wieder meinen Spass zu haben.
Ich trainiere ordentlich strukturiert, allerdings nicht mehr als 10h/Woche...
Und die Rolle glüht im Schlafzimmer immer dann, wenn meine Mädels mich anflehen, sie ausnahmsweise mal nicht zu "verlassen"...Aber jetzt gleich gehts für eine paar K3 Einheiten auf mein Bike. :-) Evtl. komme ich dann doch mal an deine Zeiten dran...Du machst mich fertig...:-)
Hoch leben die Gleitzeiten...
Tschüss
Frank alias Heinz Heinzmann

Jörg alias Bergfahrer: hat gesagt…

Hallo Heinz alias Frank,

ist doch eine starke Zeit. Strukturiertes Training geht sich bei mir leider nur viel zu selten aus - zu wenig Planungssicherheit im Job und keine Gleitzeiten … ;)

Unknown hat gesagt…

Jörg!! Bitte, mir kommen die Tränen... :-) Ohne cleveres Training kommt man doch nicht zu solch grandiosen Ergebnissen!! Erinnere dich an die letzten Jahre....echt gut.
Ich glaubte schon, Du radelst nur und hast einen Bikerfreund zum Chef.
Alleine die schönen Trainingslager mit der Freundin...herrlich.
Apropos, es ist halb sieben Uhr morgens, die Sonne blendet durch die 3-fach-verglasten, noch nicht abgedunkelten-weil zu früh Fenster. Ich gehe gleich kurz frühstücken und heute Mittag laufen...
Beim Schinderhannes warst Du doch auch sehr gut. Kein Podest, aber eine gute Platzierung. Ist schon ein richtig geiles, ein nicht mehr loslassendes Hobby. :-)
Gruss
Frank