Mittwoch, 15. August 2012

Gemütlich zu Platz 5: Der Ischgl IronBike 2012

Freitag, 03.08.2012, 04:00 Uhr. Unsanft werden wir vom schrillen Klingelton meines Handys aus dem Schlaf gerissen, ein paar Kaffee später sind die Bikes auf dem Dach unseres Autos verzurrt und wir machen uns auf den langen Weg nach Ischgl. Auf der Autobahn reiht sich Baustelle an Baustelle, doch ausnahmsweise staut sich dieses mal nichts. Würzburg, Ulm, endlich FM4 im Radio, Fernpaß, Imst, Ischgl. Fast wie im Flug. Wir rollen vor unser Stamm-Hotel und werden sofort vom Chef mit den News des Tages versorgt: Streckenänderung auf der kleinen Runde, neuer Trail, soll schwierig und gefährlich sein. Hört sich doch gut an denke ich, und schon sitzen wir auf unseren Bikes. Ab zum Warmfahren. Laut Trainingsplan: 20 Minuten GA1, 10 GA 2 und 6 im EB-Bereich. Danach: Beine hochlegen und erholen. Aber ich bin doch nicht bescheuert. Der Himmel ist blau, es ist warm, und es locken Dutzende von schönen Hütten. Also ab zum Warmfahren a la Bike-Tourist: auf der Strecke des Ironbike zur Alpe Larein, Kuchenpause und weiter dem ausgeschilderten Weg folgen über Mathon Richtung Friedrichshafener Hütte. Nach ein paar steilen Höhenmetern endlich der Abzweig in den neuen Trail. Swantje versenkt den Sattel, dann tauchen wir im Wald ein. Der Weg ist zuerst steil, dann sausteil, dann sausau-sausteil. Dazu ein paar knifflige Spitzkehren und hinten raus noch ein bisschen Stein- und Wurzelgerumpel. Yippeh. Aber sowas bei der Einführungsrunde eines Marathons? Ich sehe schon die Schlange Schiebender vor mir und beschließe morgen zumindest bis zum Einstieg des Trails voll zu fahren, um dem Stau zu entgehen. Eine schnelle Wiesen- und Waldabfahrt später sind wir zurück in Ischgl, putzen kurz unsere Bikes und checken in der Pizzeria am Dorfplatz ein. Essen fassen. Dann Startunterlagen abholen, meine Eltern und Len begrüßen, die mittlerweile auch angekommen sind, ein bisschen durch den Ort bummeln, Abendessen, ein paar Seiten lesen und Einschlafen.



Samstag, 05.08.2012, 06:35. Aufstehen. Eigentlich viel zu spät, aber ich will es ja gemütlich angehen lassen heute. Beim Frühstück sitzen schon weitere Mitstreiter, alle unterhalten sich über das miese Wetter in diesem Sommer, das bisher noch fast jedes Rennen in eine Schlammschlacht verwandelt hat. Heute sieht es gut aus - es hat zwar in der Nacht geregnet, aber die Restwolken verziehen sich gerade aus dem Tal, ab und zu blitzt schon der blaue Himmel durch. Dazu ist es bereits ziemlich warm - perfekte Bedingungen also. Drei Nutella-Brötchen, rein ins Renndress, kurz mal den Puls auf den ersten Metern der Idjoch-Auffahrt hochjagen und rein in den Startblock. Um mich rum viele Pros, Lizenzfahrer und ambitionierte Hobby-Racer, über 700 Biker stehen am Start, Teilnehmerrekord. Startschuss, es wartet die Einführungsrunde. Neutralisiert wird das Feld einmal durch den Ort geführt, es ist eng, Bremsen quitschen, ich gebe Gas und bleibe vorne dran. Nur raushalten aus dem Getümmel. Plötzlich ein Hund. Panisch rennt er ins Feld, ich komme noch vorbei, hinter mir kracht es laut. Massensturz. Schwein gehabt, den Hundehalter sollte man mit der Kette peitschen. Wir kesseln die letzten Meter durch den Ort, ich genieße noch mal die Anfeuerungsrufe von Swantje, meinen Eltern und Len und ab geht es nach Mathon. Ich liege gut und obwohl meine Beine nicht wirklich frisch sind, kann ich das Tempo der anderen halten. Lareinalpe, weiter zur Verpflegung, Abfahrt zurück nach Mathon, steile Auffahrt, Abzweig in den neuen Trailabschnitt. Ich lasse es laufen, aber schon in der ersten Spitzkehre treffe ich auf Schiebende - so weit vorne im Feld hätte ich damit echt nicht gerechnet. Immerhin, sie gehen aus dem Weg, ich kann durchfahren. Wiesenabfahrt, Bachdurchfahrt, rein nach Ischgl. Eigentlich hätte ich Lust ins Ziel zu fahren, doch als Lizenzler fliegt man dann aus der Wertung. DNF? Nö. Abbiegen also, rauf zur Idalpe. Swantje feuert mich an, ich werde mit einer Flasche versorgt, dann bin ich schon in der steil in den Himmel ragenden Asphalt-Rampe. Ich lasse es wie geplant heute ruhiger angehen als sonst, der Puls pendelt sich im GA2-Bereich ein und so lässt sich die lange Auffahrt fast gemütlich bewältigen. Selbst für kurze Gespräche mit den anderen Teilnehmern reicht die Luft. Trotzdem - der Schweiß rinnt, es ist mittlerweile ziemlich heiß. Idalpe, wieder werde ich erwartet, Flaschenwechsel. Langstrecke? Nicht heute. Ich kündige an, auf die Mittelstrecke abzubiegen und gehe in die letzten steilen Höhenmeter des Tages. Mit GA2 ist hier nichts mehr, zu steil. Ich drücke die letzte Rampe zur Veilischarte im EB-Bereich hoch und genieße endlich die Belohnung für die Mühen: 1400 Höhenmeter Abfahrt am Stück. Vom Flow des letzten Jahres ist nicht mehr so viel übrig, der Trail ist rumpliger als 2011. Lenker festhalten also und laufen lassen. raus aus dem Trail, eine letzte Bachdurchfahrt – kalt wie immer – und rein ins Ziel. Der Sprecher verkündet: Platz 5 Masters Lizenz. Meint der mich? Ich kann es kaum glauben, aber der Blick auf die Ergebnisliste kurz später bringt die Bestätigung: trotz der sehr ruhigen Fahrweise bin ich ziemlich weit vorne gelandet: Platz 50 gesamt und Platz 5 in der Klasse. Klasse.



Sonntag: Kein Wecker, ist ja Urlaub heute. Geweckt werden wir dennoch ziemlich unsanft: es schüttet. Mist, denn eigentlich wollten wir heute mit dem Bike nach Galtür und weiter zur Jamtalhütte. Dort gibt es den besten Kaiserschmarrn weit und breit. Aber bei dem Wetter? Naja, erst mal Frühstücken. Danach: es gießt noch immer. Aber: erste Lücken im dichten Grau sind erkennbar, es klart langsam auf. Rein in die Bike-Klamotten und nix wie los. Raus aus dem Hotel - Platsch. der letzte Schauer erwischt uns voll. Es bleibt also dabei - kein Rennwochenende ohne Volldusche. Immerhin ist es weiter warm und auch die Wolken, die noch dicht am Talausgang hängen, scheinen sich zu langsam zu verabschieden. Wollen wir? Wir wollen. Schnell sind wir in Galtür und sammeln meine Eltern und Len ein, denen wir einen kleinen Vorsprung per Auto gegönnt haben. Gemeinsam geht es weiter zur Scheiben Alp, von hier aus kurbeln Swantje und ich alleine weiter. Ein paar letzte steile Rampen, dann sind wir oben. Beim letzten mal hat es hier oben geregnet, heute scheint die Sonne und wir genießen den Ausblick auf den Gletscher. Zumindest bis endlich der sofort bei Eintreffen bestellte Kaiserschmarrn auf dem Tisch steht – da hat auch die beste Aussicht der Welt keine Chance mehr. Kurz später kratzen unsere Gabeln über den Pfannenboden, kein Krümel ist mehr übrig. Zeit aufzubrechen. Ich auf dem Trail auf der rechten, Swantje auf dem Anfahrtsweg auf der linken Seite des Taleinschnitts. Der Trail steht nicht im offiziellen Bikeführer, mal sehen was mich erwartet. Es geht gut los, fein gekiest, schöne kehren, Flow stellt sich ein. Dann ein paar verblockte Stellen, für die mangels Gefälle der Speed fehlt, ich bleibe ständig hängen und muss ab und zu runter vom Rad. Auch die zu querende sumpfige Kuhwiese ist nicht fahrbar, ich wate durch ziemlich flüssige Kuhfladen, lecker. Danach wieder ein flowiges Stück direkt am Bach entlang, eine Stelle zum Raufklettern und das war's auch schon. Hat er sich gelohnt? Naja ... Wieder sammeln wir meine Eltern und Len ein und schon geht es an der Trisanna entlang zurück nach Ischgl. Bye Bye – bis zum nächsten Mal ...


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