Montag, 7. Mai 2012

Dolomiten-Klassiker: Dolomiti Superbike 2010

„Vaffanculo“ Der kleine, etwas rundliche Italiener, den ich gerade überhole, fühlt sich offensichtlich von mir unfair behandelt – und macht seinem Ärger lautstark Luft. Dabei habe ich ihn doch nur mit einem sanften Händedruck ein wenig nach rechts geschoben, damit ich vorbei kann. Nicht auf einem Singletrail, sondern auf der relativ breiten Straße rauf zur Plätzwiese wohlgemerkt – wo er mit seinen Vereinskameraden fröhlich plaudernd die komplette Straßenbreite blockiert. Sei’s drum, ich bin vorbei, habe 10 Meter freien Asphalt vor mir, gebe ordentlich Gas und sprinte in den nächsten dichten Haufen und wieder dauert es ewig bis ich mich durchgewurschtelt habe. Immerhin: keine Beschimpfungen diesmal – und auch keine mehr bis zum Ende des Rennens. Beachtlich, bei über 3800 Racern, die heute Morgen bei der 16. Auflage des Dolomiti Superbike am Start standen. Dummerweise gibt es beim Dolomiti Superbike keinen Lizenzblock und so war ich dank späten Anmeldung und der daraus resultierenden hohen Startnummer einer der letzten, der über die Startlinie rollte – und versuche mich jetzt durch das Feld nach vorne zu kämpfen. Stellenweise geht das erstaunlich gut, aber an den meisten Streckenabschnitten rauf zur Plätzwiese ist die Strecke ziemlich dicht.
Im Zick-Zack kurve ich um hunderte Biker nach oben, immer wenn die Strecke kurz frei ist, fahre ich SB-Intervalle.
Wir erreichen die Plätzwiese, dann geht es in der erste Abfahrt. Vor mir zwei lange Reihen, die sich quälend langsam nach unten bremsen. Überholen geht auch hier nur bedingt – es sei denn man fährt mit dem Messer zwischen den Zähnen. Ich lasse es stecken, zu unsicher erscheinen mir die meisten vor mir und ich will zwar nach vorne, aber ohne jemanden zu gefährden. So übe ich mich in Geduld und überhole nur langsam. Am Dürrensee wird es flacher, ich kann mein Intervall-Training wieder aufnehmen. Die freien Streckenteile trete ich was das Zeug hält, immer wenn ich auf Gruppen auflaufe, muss ich mich langsam durchtasten. Besonders die tiefschottrigen Passagen stellen viele vor Probleme, ich wühle mich weit aus der Spur an allen vorbei. Ein paar versuchen, sich in meinem Windschatten zu halten, schaffen das aber immer nur ein paar Meter, dann platzen sie ab. Zum ersten Mal denke ich daran, das ich es eventuell zu schnell angehe, die ständigen Passagen im tiefroten Pulsbereich können sich eigentlich nicht ausgehen auf Dauer. Andererseits hoffe ich immer noch darauf, irgendwann mal eine Gruppe zu erwischen, in der ich mich auch einfach mal nur ziehen lassen kann. Also weiter Gas geben, wann immer es geht. Toblach. Ich halte kurz bei Swantje, die mich mit neuen Getränken verpflegt und weiter geht es nach Innichen. Immer noch keine Gruppe. Ich überhole immer noch Biker um Biker und knalle in den Anstieg zur Hunoldshütte. Schon bin ich oben und mache in der Abfahrt weitere Plätze gut. Flach ansteigend geht es weiter zur Talstation Rotwand. In meinem Windschatten sammeln sich mittlerweile eine ganze Reihe Konkurrenten, nach vorne will keiner. Ich habe keine Lust die Lokomotive zu spielen, nehme raus und nötige so einen der anderen nach vorne zu fahren. Das Tempo sinkt rapide – das bringt nix, also gehe ich wieder nach vorne bis zum Fuß des Berges. Ich halte das Tempo hoch und sofort verliere ich meine Mitfahrer. 100 Höhenmeter, 200 Höhenmeter, ich komme weiter nach vorne – bis sich meine Befürchtungen zu ungleichmäßig und zu schnell angegangen zu sein bewahrheiten. Meine Beine machen schlagartig zu, ich habe Angst Krämpfe zu bekommen und muss rausnehmen. Deutlich. Die Hitze macht mir zusätzlich zu schaffen – und der Umstand, dass ich kein Iso mehr in der Flasche habe. Bei der letzten Verpflegung gab es leider nur noch Wasser und Cola. Iso war gerade aus und ich wollte nicht warten. Noch 400 Höhenmeter bis zur Bergstation und ich verliere zum ersten Mal Plätze. Zuerst nur wenige, dann ziehen immer mehr vorbei. Ich fluche vor mich hin, schimpfe über meine eigene Dummheit und rette mich gerade noch so über den Berg und 3 weitere kleinere Anstiege, bis es endlich in die Abfahrt nach Innichen geht. Um keine Zeit zu verlieren, lasse ich die Verpflegungsstationen auf dem Weg aus – bergab geht es auch mit Wasser – und beschließe in Innichen Iso nachzutanken. Innichen.
Ich rolle an die Verpflegung, halte erwartungsvoll meine Flasche hin – kein Iso.
Ist aus. Nur gut, dass Swantje auch schon wieder da ist und noch eine für mich hat. Bin ich froh, dass sie immer genau dann da ist, wenn ich sie am dringendsten brauche. Betankt und motiviert gehe ich in den letzten großen Anstieg des Tages. Und siehe da: ich kann wieder ein höheres Tempo gehen und mich trotz der mittlerweile glühenden Hitze wieder weiter nach vorne kämpfen. Ich erreiche den Sylvesterplatz und – Nomen est Omen – ein lauter Donner läutet das Finale ein. Im Gewittergrollen und durch teilweise dicke Regentropfen geht es rasend schnell gen Tal, ein letzter kurzer Gegenanstieg und dann schieße ich auch schon in den Trail, der mich nach 6.32 h direkt nach Niederndorf und ins Ziel führt.


Fazit: Heute war einfach nicht mehr drin. Der späte Startplatz und meine schlechte Renneinteilung haben sicher eine Top-Platzierung gekostet, so das ich mit Platz 37 in der Altersklasse vorlieb nehmen muss. Dennoch: das Rennen selbst war super und zu meiner Überraschung verträgt die Strecke auch diese Menge an Startern. Es ging zwar in der Anfangsphase sehr lange nur quälend langsam vorwärts aber immerhin wurde bis auf ein paar Passagen gefahren und nicht geschoben. Die Stimmung und Atmosphäre waren so wie ich sie aus 2007 in Erinnerung hatte: Toll.

Jörg Schrod Platz Platz 144 gesamt / 37 AK


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